Alles anders – Passion im Johannesevangelium

Alles anders – Passion im Johannesevangelium

Drei Erzählungen nehmen uns mit hinein in die Passion Jesu, wie sie das Johannesevangelium überliefert. Eine österliche Perspektive scheint darin auf, die gegen den ersten Augenschein entdeckt werden kann. Kinder und Mitarbeiter*innen können ihre bisherigen Zugänge mit der Passion Jesu dadurch theologisch erweitern und vertiefen.

27.03.2022 (4. Sonntag der Passionszeit: Lätare)
Johannes 12,1-8
Die andere Salbung

03.04.2022 (5. Sonntag der Passionszeit: Judika)
Johannes 18,28-19,5
Der andere König

10.04.2022 (6. Sonntag der Passionszeit: Palmsonntag/Karfreitag)
Johannes 19,17-30
Das andere Ende

Die biblischen Texte

Dem Johannesevangelium geht es nicht um historische Zuverlässigkeit der berichteten Ereignisse. Im Fokus steht die theologische Erkenntnis: Gottes Herrlichkeit kommt in Jesus zu dem Menschen. Sie erfahren sie in seinem Beziehungshandeln.
Der barmherzige und einzige Gott Israels, von dem die alten Schriften erzählen, ist in Jesus, seiner Passion und Erhöhung, erneut erfahrbar geworden.

In Betanien, drei Kilometer von Jerusalem entfernt, genießt Jesus mit einigen Jüngern Gastfreundschaft und Mahlgemeinschaft mit Menschen, die er liebt: Marta, ihre Schwester Maria und ihr Bruder Lazarus, den Jesus vor einigen Tagen vom Tod auferweckt hat (vgl. Kap. 11). Mit dieser Erinnerung an die Lazarusgeschichte wird die Rede von Gottes Herrlichkeit wieder aufgenommen. Außerdem erinnert sie an den darauffolgenden Beschluss der Synhedriumssitzung, Jesus verhaften und töten zu lassen (11,53+57).
Maria nimmt rund 300 Gramm ihres kostbaren Nardenöls, salbt liebevoll Jesu Füße mit ihren Händen und trocknet sie mit ihren Haaren. Duft erfüllt das ganze Haus. Doch Judas Iskariot protestiert: Das Öl im Wert eines Jahresverdienstes eines Tagelöhners, hätte man besser verkaufen und das Geld Armen geben sollen. Jesus steht Maria bei: Arme habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer. Die Salbung Jesu nimmt seine Totensalbung vorweg.
Für Johannes ist darin schon die Herrlichkeit der Auferstehung zu „riechen“.

Jesus lässt sich ohne Widerstand im Garten Gethsemane verhaften und wird von den Hohenpriestern Hannas und Kaiphas verhört. Schließlich überstellt man ihn dem römischen Präfekten Pilatus im Prätorium, der rechtlich allein das Urteil „Todesstrafe“ fällen kann.
In sieben Szenen (18,28-19,16) erzählt das Johannesevangelium den Prozess. Pilatus pendelt zwischen den drängenden Anklägern und Jesus hin und her, um letztlich gegen seine Überzeugung den Unschuldigen zur Kreuzigung zu überstellen. Kreuzigung war eine römische Strafe, die als öffentliche Demonstration zur Abschreckung gegen Aufruhr und politischen Widerstand eingesetzt wurde.
Im Pilatus-Prozess geht es oberflächlich gesehen um Schuld oder Unschuld, tiefer geschaut aber um Jesu Königtum, seine Sendung, seine wahre Herkunft. Stärker als in den anderen Evangelien wird Jesus hier hoheitsvoll dargestellt. Er erträgt Auspeitschung, Einkleidung, Krönung (Dornenkrone) und verspottende Huldigung durch römische Soldaten mit Würde und bleibt passiv. Seine Worte im Verhör dagegen zeugen kraftvoll von Gottes Reich und seiner Wahrheit. In der Johannes-Perspektive zeigt sich ein anderer Jesus: Der wahre König Israels (18,37), ein Mensch Gottes!

Jesus trägt selbst sein Kreuz zur Schädelstätte Golgota. Dort wird er nackt gekreuzigt. Soldaten verteilen seine Kleidung (vgl. Psalm 22,19). Pilatus lässt unter Protest der Hohenpriester ein Schild in drei Sprachen anbringen: König des jüdischen Volkes. Nur im Johannesevangelium wird davon erzählt, dass Jesus seine Mutter und den Jünger, den er liebte, einander zuweist.
Nachdem sein Durst mit Essigwasser gestillt ist, spricht er letzte Worte am Kreuz: Es ist vollbracht.
Das Ende Jesu ist in der theologischen Perspektive von Johannes der Durchbruch von Gottes Herrlichkeit und entspricht dem, was in der Schrift zu finden ist: „Mein Knecht wird erhöht und sehr verherrlicht sein.“ (Jesaja 52,12).

Entfaltung

In einem monatlichen Kindergottesdienst mit viel Zeit werden Johannes 18,28-19,5 und 19,17-30 entdeckt und vertieft:
Der Pilatus-Prozess und die Kreuzigung werden aus der Perspektive eines beteiligten jüdischen Haussklaven des Präfekten Pilatus erzählt, dem sich im turbulenten Geschehen eine andere Sichtweise auf Jesus öffnet: In ihm zeigt sich neu die Herrlichkeit des Gottes Israel.
In einem theologischen Gespräch kann mit Kindern diese Herrlichkeit Gottes entdeckt werden, Frageimpulse können sein:
Was hat dich am tiefsten berührt in dieser Erzählung?
Was denkst Du, wo in dieser Geschichte die Herrlichkeit Gottes stecken könnte?
Was war für dich das Wichtigste?
Was war für Dich an dieser Geschichte besonders schlimm?
Was fragst du dich jetzt?
Die Kinder überlegen sich, wie sie die Herrlichkeit Gottes sichtbar machen möchten. In freien Vertiefungen mit Farben (z.B. Gouache, Pigmentfarben, Aquarell, Kohlekreide) entstehen ihre Bilder. In einer Ausstellung werden die Kunstwerke gemeinsam entdeckt, ohne dass sich der oder die Künstler*in selbst äußern muss.
Lieder: Ist Gott in mir, ist alles anders; Macht hoch die Tür… es kommt der Herr der Herrlichkeit

Johannes 12,1-8

In Betanien, drei Kilometer von Jerusalem entfernt, genießt Jesus mit einigen Jüngern Gastfreundschaft und Mahlgemeinschaft mit Menschen, die er liebt: Marta, ihre Schwester Maria und ihr Bruder Lazarus, den Jesus vor einigen Tagen vom Tod auferweckt hat (vgl. Kap. 11). Mit dieser Erinnerung an die Lazarusgeschichte wird die Rede von Gottes Herrlichkeit wieder aufgenommen. Außerdem erinnert sie an den darauffolgenden Beschluss der Synhedriumssitzung, Jesus verhaften und töten zu lassen (11,53+57).
Maria nimmt rund 300 Gramm ihres kostbaren Nardenöls, salbt liebevoll Jesu Füße mit ihren Händen und trocknet sie mit ihren Haaren. Duft erfüllt das ganze Haus. Doch Judas Iskariot protestiert: Das Öl im Wert eines Jahresverdienstes eines Tagelöhners, hätte man besser verkaufen und das Geld Armen geben sollen. Jesus steht Maria bei: Arme habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer. Die Salbung Jesu nimmt seine Totensalbung vorweg.
Für Johannes ist darin schon die Herrlichkeit der Auferstehung zu „riechen“.

Die andere Salbung

Die Geschichte von der Salbung wird erzählt.
Salbungs-Aktion:
Mit allergiesensiblem duftendem Salböl aus der Apotheke erleben Kinder und Mitarbeiter*innen eine gegenseitige Handmassage. Dazu kann Musik aus der Johannes-Passion von Johann-Sebastian Bach erklingen.
Lied: Die Herrlichkeit des Herrn

Johannes 18,28-19,5

Jesus lässt sich ohne Widerstand im Garten Gethsemane verhaften und wird von den Hohenpriestern Hannas und Kaiphas verhört. Schließlich überstellt man ihn dem römischen Präfekten Pilatus im Prätorium, der rechtlich allein das Urteil „Todesstrafe“ fällen kann.
In sieben Szenen (18,28-19,16) erzählt das Johannesevangelium den Prozess. Pilatus pendelt zwischen den drängenden Anklägern und Jesus hin und her, um letztlich gegen seine Überzeugung den Unschuldigen zur Kreuzigung zu überstellen. Kreuzigung war eine römische Strafe, die als öffentliche Demonstration zur Abschreckung gegen Aufruhr und politischen Widerstand eingesetzt wurde.
Im Pilatus-Prozess geht es oberflächlich gesehen um Schuld oder Unschuld, tiefer geschaut aber um Jesu Königtum, seine Sendung, seine wahre Herkunft. Stärker als in den anderen Evangelien wird Jesus hier hoheitsvoll dargestellt. Er erträgt Auspeitschung, Einkleidung, Krönung (Dornenkrone) und verspottende Huldigung durch römische Soldaten mit Würde und bleibt passiv. Seine Worte im Verhör dagegen zeugen kraftvoll von Gottes Reich und seiner Wahrheit. In der Johannes-Perspektive zeigt sich ein anderer Jesus: Der wahre König Israels (18,37), ein Mensch Gottes!

Der andere König

Mit einer Figurenaufstellung wird der Pilatus-Prozess draußen vor dem Prätorium und im Prätorium erzählt.
So wird das Hin- und Hergerissensein von Pilatus noch sichtbarer und die theologisch anspruchsvollen Dialoge werden konkret verortet und verlangsamt.
In der Einkleidungsszene erhält die Jesus-Figur einen purpurfarbenen Umhang und eine Dornenkrone.
In der Figurenaufstellung können sich Kinder mit einer eigenen Figur verorten und so selbstwirksam Teil der Erzählung werden mit ihren eigenen Emotionen und Erfahrungen.
Lied: Ich glaube fest, dass alles anders wird

Johannes 19,17-30

Jesus trägt selbst sein Kreuz zur Schädelstätte Golgota. Dort wird er nackt gekreuzigt. Soldaten verteilen seine Kleidung (vgl. Psalm 22,19). Pilatus lässt unter Protest der Hohenpriester ein Schild in drei Sprachen anbringen: König des jüdischen Volkes. Nur im Johannesevangelium wird davon erzählt, dass Jesus seine Mutter und den Jünger, den er liebte, einander zuweist.
Nachdem sein Durst mit Essigwasser gestillt ist, spricht er letzte Worte am Kreuz: Es ist vollbracht.
Das Ende Jesu ist in der theologischen Perspektive von Johannes der Durchbruch von Gottes Herrlichkeit und entspricht dem, was in der Schrift zu finden ist: „Mein Knecht wird erhöht und sehr verherrlicht sein.“ (Jesaja 52,12).

Das andere Ende

Der Weg zum Kreuz und die Kreuzigung Jesu werden erzählt.
Verschiedene Kreuzigungsdarstellungen aus Kinderbibeln oder der Kunstgeschichte werden gemeinsam betrachtet.
Auch Kreuzigungsdarstellungen in der Kirche vor Ort können gemeinsam entdeckt werden.
Gibt es spezielle Darstellungen, die etwas von der Herrlichkeit Gottes sichtbar machen? Woran ist das zu erkennen?
Eine eigene Kreuzigungsdarstellung zum Johannesevangelium wird gestaltet.
Lied: Wie groß ist Gottes Liebe?


Hintergrundinformationen

Glaubens- und Lebenswelten von Kindern begegnen

Vielen Kindern fällt die Identifikation mit Personen und ihren Gefühlen in erzählten oder vorgelesenen Geschichten leicht. Erwachsene haben manchmal größere Mühe, ihre bisherigen Erfahrungen durch andere Perspektiven zu erweitern.
Die Passionsgeschichte ist für viele mit Kreuzwegbildern, Filmszenen und Passionsliedern verbunden, die das Leiden und Sterben Jesu hervorheben. Weniger bekannt ist vermutlich der johanneische Blick auf Gottes Herrlichkeit in diesem Elend. Kinder begegnen hier einem „Looser“, der sich mitten in seiner Ohnmacht von Gott nicht alleine gelassen fühlt. Das kann faszinierend und erschreckend gleichzeitig sein.
Manchmal begegnen Kindern im Zusammenhang mit der Passionsgeschichte antijüdische Vorurteile und Klischees vermittelt durch unreflektierte Erwachsene und unsensible Kinderbibeln, das sollte in den Gottesdiensten unbedingt vermieden werden.

Entscheidungen auf dem Weg zu den Gottesdiensten

Kinder können in diesen Kindergottesdiensten eine weitere Perspektive auf die Passion Jesu entdecken. In den Erzählungen sollte darum immer auch ein Schimmer der Perspektive auf die göttliche Herrlichkeit aufleuchten. So können die Kinder die beabsichtigte Wirkung des Johannesevangeliums selbst erleben. In den Kindergottesdiensten können bisherige Erfahrungen und Emotionen mit der Leidensgeschichte Jesu durch andere Erfahrungen erweitert werden.

Weiterführendes

Vernetzung

Eine Ausstellung von Kunstwerken zum Johannesevangelium aus dem Kindergottesdienst wird in der Kirche gezeigt.
Am Karfreitag wird ein gemeinsamer Gottesdienst mit Allen gefeiert mit der Überschrift: Das andere Ende.

Lieder

  • Ist Gott in mir, ist alles anders (LH 275)
  • Macht hoch die Tür („es kommt der Herr der Herrlichkeit“) (EG 1)
  • Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich (LHE 150, KG 173)
  • Ich glaube fest, dass alles anders wird (LJ 558, EG_W 661)
  • Wie groß ist Gottes Liebe? (LH 219)

Praxishilfen

  • Figurenaufstellung im Kindergottesdienst. Eine neue Form von Tischgemeinschaft. KIMMIK-Praxis 52, hg. v. Dirk Schliephake, www.michaeliskloster.de, Berührende Begegnungen. KIMMIK-PraxisGreenLine10, hg. v. Dirk Schliephake, 2016, www.michaeliskloster.de

Kinderbücher

Empfehlenswerte Kinderliteratur mit Gestaltungshinweisen findet sich im Eliport-Themenheft auf den Seiten 10 und 28.

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