„Dies Kind soll unverletzet sein“ Die Weisen aus dem Morgenland und die Flucht nach Ägypten
Die Geschichte der weisen Astrologen aus dem Morgenland bildet eine Brücke von Weihnachten hinein in das neue Jahr. Jedoch erfährt diese fast märchenhafte Erzählung bei Matthäus eine dramatische Wende hin zur Realität dieser Welt, zu der Mord, Verfolgung und Flucht gehören. Das sind Erfahrungen, die noch nicht einmal vor Kindern und sogar Säuglingen Halt machen. Bei allem bleibt Gott aber als der, der mitgeht, erkennbar. So erfüllen sich die alttestamentlichen Verheißungen der Propheten.
02.01.2022 (1. Sonntag nach dem Christfest)
Matthäus 2,1-12
Wer ist der „wahre“ König der Juden? – Die Weisen aus dem Morgenland
09.01.2022 (1. Sonntag nach Epiphanias)
Matthäus 2,13-23
Könige kommen und gehen, der „wahre“ König bleibt –
Kindermord und Flucht nach Ägypten
Hintergrundinformationen
Glaubens- und Lebenswelten von Kindern begegnen
Die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland bietet Elemente, die viele Kinder lieben. Da deuten einige Sternkundige aus der Konstellation der Gestirne das, was irgendwo in einer anderen Gegend ihrer damaligen Welt vorgeht: das ist geheimnisvoll. Zudem bringen diese Sterndeuter außergewöhnliche und wertvolle Geschenke mit, was Jahr für Jahr in Krippenaufführungen nachgespielt wird.
Für diese schöne und heimelige Stimmung der Weihnachtszeit mit Sternenglanz, Engelsgesang und wundervollen Geschenken haben die Kinder ein Gespür, aber hierhinein mischt sich bald schon ein bedrohlicher Unterton. Die Kinder werden mit Erfahrungen konfrontiert, wie sie leider auch Kinder machen müssen und weltweit leidvoll erfahren.
Einerseits können wir getrost den nachweihnachtlichen Erinnerungen und Gefühlen der Kinder freien Lauf lassen. Aber mit der Erzählung von der Verfolgung der Kinder in Bethlehem wird es anders. Die Kinder spüren das. Sie werden mit der grausamen Realität konfrontiert. Hier erleben sie, dass Gott die dunklen Seiten nicht fremd sind, sondern dass er sie bereits im kleinen Kind Jesus durchlebt. Das heißt aber auch, dass er bei denen ist, die selber solche Erfahrungen machen. Auf ihn können Große wie Kleine zählen. Alle brauchen sie tröstende und stärkende Begleiter an ihrer Seite.
Entscheidungen auf dem Weg zu den Gottesdiensten
Leid macht vor niemandem Halt. Es wäre daher fatal die Verse 13 – 23 auszusparen, weil wir Erwachsenen der Meinung sind, dass Kinder das nicht verkraften. Wer hält denn die Realität dieser Welt von Kindern fern? Wer verschließt ihnen Augen und Ohren, damit sie nicht sehen und hören müssen, dass eine Mitschülerin mit ihrem kleinen Rad unter die Zwillingsreifen eines LKWs geraten ist oder ein Kindergartenkind von einem Raser erfasst wurde, direkt vor der Einrichtung? Das sind allein die leidvollen Erfahrungen aus dem Alltag einer kleinen Stadt. Da sind aber auch die anderen, die sie im Fernsehen oder auf dem Smartphone, mit dem sie spielen dürfen, wahrnehmen.
Die Erzählung vom Kindermord in Bethlehem gilt es nicht in ‚Blockbustermanier‘ auszuschmücken. Aber die Bedrohlichkeit der Lage, die Notwendigkeit zu fliehen und die wunderbare Rettung des Kindes durch Gott werden nur vor diesem Hintergrund verstehbar.
Darum brauchen Kinder Erwachsene, die die Realität nicht leugnen, die Hoffnung haben und ihnen davon berichten und die ihnen helfen, mit der Wirklichkeit umzugehen. Sie benötigen wirkliche Antworten und Bilder für ihr Leben, die ihre Ängste, Sorgen, Nöte oder auch Trauer ernst nehmen. Und vor allem brauchen sie wahre Hoffnungsbilder und Mutmachgeschichten, die sie in ihrer oft nicht leichten Realität abholen und ihnen Möglichkeiten anbieten, ihre Realität zu verarbeiten und in ihr zu leben zu können.
Weiterführendes
Vernetzung
In der Gemeinde wird eine eigene Sternsingeraktion geplant, die sich konkret Kindern zuwendet, deren Not in der unmittelbaren Nähe wahrnehmbar ist. Die Nöte, die sich dort zeigen, können ganz unterschiedlich sein. Es kann um Kinder gehen, die auf der Flucht zu uns gekommen sind, Kinder die Gewalt erlebt haben, Kinder die durch einen Unglücksfall betroffen wurden, usw. Es wäre wichtig und wünschenswert, die Eltern in die gesamte Aktion einzubinden und gemeinsam ein Hilfsprojekt vor Ort in Gang zu setzen
Lieder
- Steh mit mir auf (ML B 104)
- Vertraut den neuen Wegen (EG 395)
- Lobe den Herren, oh meine Seele (EG 303 besonders Strophe 2)
- Den Weg wollen wir gehen (LHE 310, ML B 34)
- Steh auf, beweg dich (LHE 312, KKL 135)
- Nun ruhen alle Wälder (EG 477, besonders Strophe 8 „Dies Kind soll unverletzet sein“)
Literatur
- Johann Hinrich Clausen: Das Buch der Flucht – Die Bibel in 40 Stationen, C.H.Beck: München 2018
- Zu Hause in der Fremde in: Religionspädagogische Praxis – Zeitschrift für eine ganzheitliche Glaubensverkündigung, 41. Jahrgang Heft 2016/2
- Rainer Oberthür/Alois Mayer, Kinder fragen nach Leid und Gott, Kösel-Verlag: München 2008
- Ellen Duthie und Daniela Martagón, Grausame Welt – Nachdenken über Gut und Böse, Moritz Verlag: Frankfurt am Main 2019
- Reinhard Ehgartner, Sternenbote – Eine Weihnachtsgeschichte, Tyrolia: Innsbruck 2019
- Hermann Schulz, Die Reise nach Ägypten. Eine Geschichte für alle Jahreszeiten, dtv Verlagsgesellschaft: München 2016
- Empfehlenswerte Kinderliteratur mit Gestaltungshinweisen findet sich im Eliport-Themenheft auf den Seiten 11,12 und 22.
Bilder
Martin Nda Dah, Bilderserie „Flucht nach Ägypten“, Bezug über: https://www.kinderkirche-wuerttemberg.de/produkt/25-49-kamerun-karten-flucht-nach-aegypten