Herr, lehre uns beten

Herr, lehre uns beten

Ich denke gerne an die Abende meiner Kindheit zurück: die Gute-Nacht-Geschichte, das Abendlied und das Gebet. Und auch bei meinen Kindern habe ich diesen Tagesabschluss übernommen. Wir hatten einen Gebetswürfel, den sie so lange drehten, bis ihr Lieblingsgebet erschien. Dieses eine musste es sein, das gehörte mit zum Abendritual.
Das ritualisierte Gebet gehört heutzutage immer seltener zum normalen Alltag. Bei vielen Eltern herrscht Unsicherheit: „Wie kann ich beten? Was kann ich beten? Warum soll ich beten?“ Das Beten wird mit den Kindern immer weniger eingeübt. Aber schon die Jünger baten Jesu: Herr, lehre uns beten. Beten kann und muss geübt werden, darum geht es in dieser Einheit.

25.08.2019 (10. Sonntag nach Trinitatis)
Lukas 11,1-4
So könnt ihr beten

01.09.2019 (11.Sonntag nach Trinitatis)
Lukas 11,5-10
Bittet Gott, den guten Freund

08.09.2019 (12.Sonntag nach Trinitatis)
Psalm 57
Bitten und Danken

Die biblischen Texte

Beten ist Ausdruck einer tief empfundenen Gottverbundenheit. Die Jünger erleben Jesus als Betenden und sind beeindruckt von seiner Art des Betens. Und so bitten sie: „Herr, lehre uns beten!“ Sie erhoffen sich von Jesus eine Anleitung für das Gebet und die Gebetspraxis. Daraufhin lehrt Jesus sie das Vaterunser.
Im Lukasevangelium findet sich eine etwas andere Überlieferung des Vaterunsers als bei Matthäus. Statt der uns geläufigen sieben stehen bei Lukas nur fünf Bitten. Es fehlen die Bitten um das Geschehen des Willen Gottes und um die Befreiung vom Bösen. Das zeigt, dass zur Zeit des Lukas das Vaterunser noch keine feste Form gefunden hatte. Es war jedoch in den Gemeinden schon als liturgisches Gebet bekannt.
Jesus ermutigt seine Jünger, Gott als ihren Vater anzureden und damit in eine ganz persönliche Beziehung zu Gott zu treten. „Abba“ ist die im Familienkreis gebräuchliche Anrede für den Vater, die auf Gott übertragen werden kann und soll. Gott ist der Vater Jesu und aller, die an ihn glauben.
In den ersten Bitten geht es um Gott, um seinen Namen und sein Reich. Danach steht der Mensch im Mittelpunkt des Gebets. Am Anfang steht die Bitte um die alltägliche Versorgung. Es folgt die Bitte um Vergebung der eigenen Schuld Gott gegenüber und die Bitte um die Kraft der Vergebung anderen Menschen gegenüber.
Die letzte Bitte beschäftigt sich mit der Sorge, angesichts der Herausforderungen des Lebens in Versuchung zu geraten, den Glauben aufzugeben, bzw. „Gott zu verraten“, so die Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache. Davor möge Gott bewahren.

An das Vaterunser schließt sich nahtlos die Erzählung eines Gleichnisses an, mit dem Jesus die Jünger ermutigt, sich mit allen ihren Bitten an Gott zu wenden.
Jesus schildert eine Szene, die jederzeit im dörflichen Umfeld hätte passieren können:
Da bekommt jemand in der Nacht noch unerwarteten Besuch und bittet deshalb seinen Freund um Brot. Eigentlich ist solch eine Bitte zu unmöglicher Zeit eine Unverschämtheit. Doch nur, wenn der aus dem Schlaf Gerissene die Bitte des Freundes nicht ausschlägt, kann das Gastrecht gewährt werden. Der klopfende Freund bittet nicht für sich selbst, sondern für einen anderen, insofern also ohne falsche Scham, un-verschämt. Das kann der Freund kaum ablehnen, ohne am Ende selbst beschämt dazustehen.
Wenn nun schon Menschen so miteinander umgehen, um wie viel mehr wird Gott den Bittenden ihre Bitte erfüllen. Jesus beschreibt hier die Beziehung zwischen Gott und Mensch wie ein Freundschaftsverhältnis. Und das ist das Provozierende am Gleichnis: wir dürfen Gott auf »Augenhöhe« begegnen, ihm wie einem guten Freund auch die unmöglichste Bitte vorbringen.
Mit einer Art Sprichwort bringt Jesus das Gesagte auf den Punkt und verbindet die Ermutigung zum Bitten mit der Zusage der Erhörung. Allerdings gibt es dabei keinen Automatismus, Gott ist keine Gebetserfüllungsmaschine. Jesus sagt nicht, wann und auf welche Weise die Bitte erfüllt wird. Er verspricht, dass etwas passieren wird, wenn der Mensch im Gebet in Beziehung zu Gott tritt. Der Betende darf mit allem, was ihn beschäftigt, zu Gott kommen und ihn ganz un-verschämt bedrängen.

Die Psalmen sind Ausdruck lebendiger Gebetspraxis. Wie in einem Andachtsbuch finden sich
hier poetische Texte, die Lob und Dank, aber auch Klage und Bitte vor Gott bringen.
Alle diese Elemente sind im Psalm 57 enthalten, wobei sich Lob, Klage und Dank in den Versen vermischen, die Stimmung schwankt von „zu Tode betrübt“ bis „himmelhochjauchzend“.
Der Beter hat unter Verleumdung und sogar Verfolgung zu leiden. Im Gebet bringt er seine Angst und seine Not vor Gott. Er ist gewiss, dass Gott ihn hört und ihm hilft, so wie er ihm auch schon in der Vergangenheit geholfen hat. Weil der Beter schon gute Erfahrungen mit Gott gemacht hat, für die er ihn lobt, kann er ihm nun auch seine Klage vorbringen. Das Vertrauen ist sogar so stark, dass er Gott schon im Voraus für seine Hilfe danken und in den höchsten Tönen loben kann.

Entfaltung

Für den monatlichen Gottesdienst bietet sich Psalm 57 mit seinen unterschiedlichen Gebetsanliegen an. Die Stationen zu den einzelnen Anliegen können nacheinander oder parallel angeboten werden. Wichtig ist, den Kindern ausreichend Zeit dafür zu geben.

Lukas 11,1-4

Beten ist Ausdruck einer tief empfundenen Gottverbundenheit. Die Jünger erleben Jesus als Betenden und sind beeindruckt von seiner Art des Betens. Und so bitten sie: „Herr, lehre uns beten!“ Sie erhoffen sich von Jesus eine Anleitung für das Gebet und die Gebetspraxis. Daraufhin lehrt Jesus sie das Vaterunser.
Im Lukasevangelium findet sich eine etwas andere Überlieferung des Vaterunsers als bei Matthäus. Statt der uns geläufigen sieben stehen bei Lukas nur fünf Bitten. Es fehlen die Bitten um das Geschehen des Willen Gottes und um die Befreiung vom Bösen. Das zeigt, dass zur Zeit des Lukas das Vaterunser noch keine feste Form gefunden hatte. Es war jedoch in den Gemeinden schon als liturgisches Gebet bekannt.
Jesus ermutigt seine Jünger, Gott als ihren Vater anzureden und damit in eine ganz persönliche Beziehung zu Gott zu treten. „Abba“ ist die im Familienkreis gebräuchliche Anrede für den Vater, die auf Gott übertragen werden kann und soll. Gott ist der Vater Jesu und aller, die an ihn glauben.
In den ersten Bitten geht es um Gott, um seinen Namen und sein Reich. Danach steht der Mensch im Mittelpunkt des Gebets. Am Anfang steht die Bitte um die alltägliche Versorgung. Es folgt die Bitte um Vergebung der eigenen Schuld Gott gegenüber und die Bitte um die Kraft der Vergebung anderen Menschen gegenüber.
Die letzte Bitte beschäftigt sich mit der Sorge, angesichts der Herausforderungen des Lebens in Versuchung zu geraten, den Glauben aufzugeben, bzw. „Gott zu verraten“, so die Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache. Davor möge Gott bewahren.

So könnt ihr beten

So könnt ihr beten
Das Vaterunser wird Vers für Vers gebetet. Zu einzelnen Sätzen gibt es vertiefende Aktionen, zum Beispiel:

• Vater
Gespräch: Wie redet ihr euren Vater/eure Mutter an? Und was sagt ihr zu Gott?
Lied: Bist zu uns wie ein Vater
• Dein Name werde geheiligt:
Gespräch: Was können wir tun, damit Gottes Name und damit Gott selbst geehrt wird?
Lied: Du bist heilig, du bringst Heil
• Dein Reich
Es entsteht ein großes Gemeinschaftsbild, wie sich die Kinder eine Welt nach Gottes Willen vorstellen
• Tägliches Brot
Was brauchen wir für unser tägliches Leben? In der Mitte stehen unentbehrliche Dinge, aber auch Luxusgüter. Die Kinder werden gebeten, Dinge, die sie für lebensnotwendig halten, in die Mitte zu stellen, bzw. auch Dinge wieder herauszunehmen.
• Schuld

  • Wir vergeben: In der einen Schale einer Balkenwaage liegen kleine Steine. Als Zeichen der Erinnerung an gewährte Vergebung wird ein Stein aus der Waagschale genommen und dafür auf die andere Seite ein Herz (z.B. aus Schokolade) gelegt als Symbol für die Liebe, die dem anderen dadurch widerfahren ist.
  • Vergib uns:
    Wer eigene Schuld vor Gott ablegen möchte, kann einen Stein in die Waagschale legen und sich dann ein Schokoladenherz nehmen als Zeichen, dass es guttut, auf Vergebung der Schuld bei Gott zu vertrauen.

Lukas 11, 5-10

An das Vaterunser schließt sich nahtlos die Erzählung eines Gleichnisses an, mit dem Jesus die Jünger ermutigt, sich mit allen ihren Bitten an Gott zu wenden.
Jesus schildert eine Szene, die jederzeit im dörflichen Umfeld hätte passieren können:
Da bekommt jemand in der Nacht noch unerwarteten Besuch und bittet deshalb seinen Freund um Brot. Eigentlich ist solch eine Bitte zu unmöglicher Zeit eine Unverschämtheit. Doch nur, wenn der aus dem Schlaf Gerissene die Bitte des Freundes nicht ausschlägt, kann das Gastrecht gewährt werden. Der klopfende Freund bittet nicht für sich selbst, sondern für einen anderen, insofern also ohne falsche Scham, un-verschämt. Das kann der Freund kaum ablehnen, ohne am Ende selbst beschämt dazustehen.
Wenn nun schon Menschen so miteinander umgehen, um wie viel mehr wird Gott den Bittenden ihre Bitte erfüllen. Jesus beschreibt hier die Beziehung zwischen Gott und Mensch wie ein Freundschaftsverhältnis. Und das ist das Provozierende am Gleichnis: wir dürfen Gott auf »Augenhöhe« begegnen, ihm wie einem guten Freund auch die unmöglichste Bitte vorbringen.
Mit einer Art Sprichwort bringt Jesus das Gesagte auf den Punkt und verbindet die Ermutigung zum Bitten mit der Zusage der Erhörung. Allerdings gibt es dabei keinen Automatismus, Gott ist keine Gebetserfüllungsmaschine. Jesus sagt nicht, wann und auf welche Weise die Bitte erfüllt wird. Er verspricht, dass etwas passieren wird, wenn der Mensch im Gebet in Beziehung zu Gott tritt. Der Betende darf mit allem, was ihn beschäftigt, zu Gott kommen und ihn ganz un-verschämt bedrängen.

Bittet Gott, den guten Freund

Eine Umrissfigur aus Papier liegt in der Mitte. Darin werden Äußerungen gesammelt: was macht einen Freund aus? Was kann ich mit dem alles machen?
Die Geschichte wird bis zum Anklopfen und der Bitte des Freundes erzählt.
Nun dürfen die Kinder in die Rolle des schlafenden Freundes schlüpfen: Was sagt der Freund? Was tut er?
Die einzelnen Vorschläge, bzw. Situationen können mit allen Kindern nachgespielt werden.
Die Geschichte wird weitererzählt.
Mit den Kindern wird theologisiert: Bittet, so wird euch gegeben – was heißt das?

Psalm 57

Die Psalmen sind Ausdruck lebendiger Gebetspraxis. Wie in einem Andachtsbuch finden sich
hier poetische Texte, die Lob und Dank, aber auch Klage und Bitte vor Gott bringen.
Alle diese Elemente sind im Psalm 57 enthalten, wobei sich Lob, Klage und Dank in den Versen vermischen, die Stimmung schwankt von „zu Tode betrübt“ bis „himmelhochjauchzend“.
Der Beter hat unter Verleumdung und sogar Verfolgung zu leiden. Im Gebet bringt er seine Angst und seine Not vor Gott. Er ist gewiss, dass Gott ihn hört und ihm hilft, so wie er ihm auch schon in der Vergangenheit geholfen hat. Weil der Beter schon gute Erfahrungen mit Gott gemacht hat, für die er ihn lobt, kann er ihm nun auch seine Klage vorbringen. Das Vertrauen ist sogar so stark, dass er Gott schon im Voraus für seine Hilfe danken und in den höchsten Tönen loben kann.

Bitten und Danken

Aus Pappe oder Holzrohlingen wird ein Psalm-Gebetswürfel gestaltet. Dazu gibt es an verschiedenen Stationen jeweils (Adress-) Aufkleber mit dem entsprechenden Vers aus Psalm 57:
Klage (V. 7), Bitte (V. 2.4), Dank (V. 10) und Lob (V. 11). Dazu kommen Morgengebet (V. 9) und Abendgebet (V. 2), so dass jede der sechs Würfelseiten einen eigenen Inhalt hat.
Darunter wird entweder ein Bild gemalt oder ein eigenes oder ein vorformuliertes Gebet geschrieben.


Hintergrundinformationen

Glaubens- und Lebenswelten von Kindern begegnen

Im Kindergottesdienst erleben die Kinder das Gebet als einen selbstverständlichen und festen Teil des Gottesdienstes. Dabei begegnen ihnen verschiedene Gebetsformen: kindgerechte Psalmgebete im Wechsel, vorformulierte Gebete durch die Mitarbeitenden, freie Gebete mit Ablegen von Steinen, Kerzen oder anderen Materialien, überlieferte Gebete wie das Vaterunser.
In meinem Kindergottesdienst bringen die Kinder begeistert ihren Dank für die alltäglichsten Dinge vor Gott, vertrauen ihm aber auch ihre Sorgen und Bitten an. Es ist für sie selbstverständlich, dass sie Gott alles sagen können.
In ihrem Alltag erleben diese Kinder dann allerdings oft, dass besonders Erwachsene das Gebet für wenig sinnvoll halten, weil „Gott die Gebete ja sowieso nicht erfüllt oder hört.“
Die Fragen nach der Erhörung von Gebeten und der Verlässlichkeit von Gottes Zusagen beschäftigen sie auch selbst, vor allem die älteren Kinder. Wie lässt sich die Wirkung eines Gebetes erkennen? Erfüllt es sich vielleicht manchmal auf unerwartete Weise: im zugesprochenen Trost, einer helfenden Hand, einer rettenden Idee?
Um die Wirkung des Gebets für sich selbst zu erleben, braucht es Erfahrung mit dem Beten.
Im Alltag gehört das Gebet allerdings immer seltener zum Tagesablauf der Kinder. Dabei ist Beten wichtig für die kindliche Entwicklung: Im Gebet können sie erfahren, dass es gut ist, sich jemanden anzuvertrauen. Das gibt Sicherheit und Geborgenheit. Die Hinwendung zu Gott kann in schwierigen Situationen Hoffnung geben. „Im Gebet bringen wir unser Leben vor Gott. Dabei erfahren wir, dass der Druck des Alltags und die Last der Sorge von uns abfallen. Unsere Seele schöpft tief Atem.“ ([EG] Niedersachsen 812). Diese Einheit bietet sich daher besonders dazu an, mit den Familien der Kinder ins Gespräch über das Thema Beten zu kommen.

Entscheidungen auf dem Weg zu den Gottesdiensten

Die Einheit bietet Gelegenheit, die eigenen Kindergottesdienst-Liturgie zu reflektieren. Finden die verschiedenen Gebetsanliegen Lob, Dank, Bitte und Klage Raum? Welche Formen des Betens haben im Kindergottesdienst ihren Platz?
Im Vorbereitungsteam kann es einen Austausch über eigene Zugänge zum Gebet geben. Welche Gebete haben die Mitarbeitenden z.B. aus ihrer Kinder- und Jugendzeit in Erinnerung?
Was ist das Besondere daran? Welche Gebetsformen im Kindergottesdienst werden als positiv erlebt, welche sind eher schwierig? Wichtig ist es niemanden bloßzustellen, Beten ist ein sehr persönliches Thema.
Im Mittelpunkt der Gottesdienste stehen die unterschiedlichen Gebetsformen und –anliegen.

Weiterführendes

Vernetzung

Es wird ein Elternabend zum Thema „Beten mit Kindern“ angeboten.
Dabei können auch eigene Gebetshefte oder – würfel hergestellt werden mit Lieblingsgebeten aus einer dargebotenen Fülle von Gebeten.

Lieder

  • Lasst uns miteinander (KuS 584, KG 189)
  • Christus, hör uns an (LH 211)
  • Du bist heilig (LH 40, LHE 64)
  • Unser Vater (Bist zu uns wie ein Vater) (KuS 240, KKL 141)

Praxishilfen

  • Friedrich Schweitzer, Mit Kindern beten – Herausforderung und Chance zeitgemäßer Kindergartengestaltung, Loccumer Pelikan 2/1993
  • Eine virtuelle Gebetszettelwand findet sich bei der Ev.-luth. Landeskirche in Bayern unter: http://gebet.bayern-evangelisch.de/count-gebet.php

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